Der Glubscher – Creepypasta-Wiki

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Die Leiche, die aus der Donau geborgen wurde, war noch nicht einmal vollends getrocknet, da begann schon hinter vorgehaltener Hand über jenes Geschehen das Getuschel. Der Mann, der sich da von der Steinernten Brücke in den Fluss warf, war in Regensburg kein Unbekannter gewesen.

Der junge Mann, der auf den Namen Martin F. hörte, war aufgrund seiner Angewohnheit bekannt, diese Eigenheit brachte ihn allerdings auch den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Glubscher“ ein und zwang ihn in Einsamkeit. Wie es der Beiname schon vermuten lässt, glotzte er alles und jeden an. Dies dabei jedoch mit so einer fanatischen Fixierung, so einer idealistischen Konzentration und Anstrengung, dass es für einen Außenstehenden fast erschreckend unangenehm war, dies zu beobachten.

Für Stunden konnte er sich auf verfallende Gebäude in der Altstadt, dessen Fassaden abbröckelten und die Dächer bereits von Moos umschlungen waren, oder auf blattlose und durch schuppige Rinde umzogene alte Bäume fokussieren. Dabei konnte er sich jedes Detail und sei es noch so klein, perfekt einprägen und sich auch noch Jahre später daran erinnern. Seine Begabung erinnerte dabei zumindest teilweise an die des afrikanischen Sklaven Thomas Fuller.

Er war zurückgeblieben und allein. Nur in der anmutenden Ästhetik und malerischen Schönheit der Welt um ihn herum fand er (angeblich) überhaupt genug Kraft und den Ehrgeiz, um seine Existenz fortzuführen. Er wurde von den meisten gemieden, nur die wenigsten kannten überhaupt den Klang seiner Stimme, die stets langsam und dümmlich war. Er war ein Verstoßener und Einsiedler, vieles wurde über ihn behauptet und erzählt. Jedoch gab es wohl keinen Menschen auf diesem Planeten, der ihn so gut kannte, um diese Behauptungen zu widerlegen oder zu bestätigen. Doch sah der Glubscher die Welt, wie sie kein anderer sah.

Sein Sinn für die Natur und Architektur buhlte dabei mit denen der besten Künstler und Poeten. Er war dabei von gotisch-mittelalterlichen Häusern gleichermaßen beeindruckt wie von den Barock-Kirchen oder Renaissance-Arkaden, und auch in verfallenden Bruchbuden fand er Schönheit.

Was jedoch für seine Zeitgenossen besonders unangenehm war, war die Tatsche, dass er Menschen mit genauso einem Fanatismus anschaute wie Gebäude. Die Ästhetik der menschlichen Anatomie war dabei für ihn genauso reizend wie die der steinernen Hüllen der kalten Gebäude. Dabei war dies kein Ausdruck von sexuellen Begierden oder Verlangens, sondern seine verdrehte Art, die Welt zu sehen und seiner Anerkennung Ausdruck zu verleihen.

Wenn er einen Menschen erblickte, der ihm gefiel, klotzte er ihn unbehaglich an und verfolgte diese Person manchmal Stunden lang. Einmal meinte er auf die Frage, warum er das tat, dass er sich den Menschen noch nicht fertig angeschaut habe und alles von dieser Schönheit darüber hinaus erfassen wollte.

Die Behörden taten nie etwas dagegen, wofür sollte man diese arme Seele den auch bestrafen, fürs „Schauen“? So unangenehm es auch war. Er sah die Welt nun mal anders.

Jedoch sollte dies ihm schließlich zum Verhängnis werden.

Eines Tages, als er wie so oft mit der Bahn fuhr und von einem fast ganztägigen Ausflug nachhause kehrte, erblickte er in der Menge an Fahrgästen eine auf den ersten Blick besonders schöne Person.

Ein Schalter legte sich ihn ihm um und er driftete in seine Fixierung ab und blickte auf die hübsche junge Frau vor ihm. Sie besaß braunblondes Haar, eine etwas zu große Nase, ein schmales Gesicht und las in einem Buch.

Doch je länger er die Frau anstarrte, umso unwohler wurde ihm.

Etwas war nicht richtig an ihr, die Augen saßen zu tief in dem Kopf, die Ohren waren nicht symmetrisch zueinander, die Nase war zu unproportioniert, in dem braunblonden Haar mischte sich etwas unnatürlich und etwas fast schimmelig Grünes unter und die Haut kam zum Vorschein.

Ihre Haut sah nach einiger Zeit mehr nach unpraktisch übergestülpt aus, als tatsächlich an Fleisch und Knochen sitzend. Der Glubscher wusste, wie Menschen aussahen, wie komisch der Körper auch ausfallen konnte, er kannte die Menschen, alle Arten, alle Größen. Er war es schließlich, der sich sein ganzes Leben der menschlichen Ästhetik gewidmet hatte.

Alle anderen in dem Waggon beachteten die Frau vor ihm nicht, sie kannten den menschlichen Körper und dessen wahrhaftiges Aussehen nicht so, wie er es tat. Wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben war dem Glubscher etwas zweifellos klar, der Nebel, der stets über sein Geist waberte, lichtete sich im Moment größten Schreckens.

Dies war kein Mensch. Es sah mehr wie die schlechte Kopie, eine unfertige Puppe oder ein dämonisch sarkastischer Witz eines Menschen aus. Mehr wie eine krankhafte Nachbildung, eine aus einem bösen Geist gespeiste Fantasie oder eine modrig schummrige Halluzination, als ein Wesen aus Fleisch und Blut.

Nie konnte die Evolution so etwas hervorbringen, alles Leben, was er kannte, war schön gewesen, doch dies war die größte aller Abscheulichkeiten. Wie eine Leiche, die atmete und lebte. Alle Fehler in diesem Körper waren so marginal klein und für einen normalen Geist unkenntlich, doch bildeten sie in den Augen des Glubschers ein schreckliches Summa Summarum. Es war ein Wesen, das man nicht mit dem Menschen verwechseln kann, wenn man nur darauf achtete.

Als das Ding sich plötzlich aufrichtete und langsam in seine Richtung schaute, erblickte der Glubscher unnatürlich gefärbte Augen, falsch positionierte Pupillen sowie unverhältnismäßige Wimpern, alles in einem falschen Gesicht thronend, und als die Gestalt dies erkannte, grinste ihn ein zu großer Kiefer und unmenschliche Zähne entgegen.

Das war zu viel. Er kannte das Leben, den warmen Funken dessen und er kannte die Natur, dies war kein Wesen aus eben jener.

Als die Bahn zum Stehen kam, rannte der Glubscher aus dem Waggon. Mehrere Zeugen sagten später aus, dass ihn nichts verfolgte und er mit einem Schrei durch die Gassen rannte, den nur ein Verrückter verlauten lassen konnte, doch sie irrten.

Der Mann wurde gejagt, von dem unmenschlichen Nein, dem vollkommen unnatürlichem Gesicht, das sich in sein Gedächtnis brannte, wie ein heißes Siegel auf einem Brief und ein unwiderrufliches Brandmal auf Geist und Seele setzte.

Ohne auch nur eine Sekunde gezögert zu haben, sprang der Glubscher mit einem Schrei, der die innere Stimme und Gedanken zum Schweigen bringen sollte, in den grün schimmernden Fluss. Ohne Kampf und Widerstand sank der arme Irre in die Tiefen der Donau.

Jedes Kind kannte diese Geschichte, die von vielen nur als Märchen oder Schauergeschichte abgetan wurde. Dass Martin F. in die Donau sprang und starb, ist wahr, aber alles drumherum war nur erdacht, das glaubten die Menschen und das glaubte auch ich.

Bis ich in andersartige, entmenschlichte und widernatürliche Augen blickte, in der kein Funken leben, zu finden war und wie ein Wahnsinniger schreiend auf der steinernen Palisade stand, mit dem reisend grünen Fluss, der die spiegelnden strahlen der Sonne wie ein Diadem trug, unter mir.

Hinweise

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Es wurden keine Änderungen am Text vorgenommen.

1 thought on “Der Glubscher – Creepypasta-Wiki

  1. Sam says:

    Oh mein Gott, ich liebe Creepypastas! Das Creepypasta-Wiki ist meine Rettung, um mich gruseln zu lassen. Der Glubscher klingt echt spannend!

    Antworten

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